Presse
2000 Den Rhythmus des Körpers erforschen
Fünf Fragen an Walli Höfinger
Interview mit Dr. Sabine Graf für den Katalog der Medienkunstausstellung
1 Welche Sprache spricht der Körper?
Der Körper spricht so viele Sprachen wie es Menschen und Kulturen gibt. Auf meine Arbeit bezogen geht es um Ströme, feine innere Bewegungen, die immer da sind, die man aber im Alltagsbewusstsein nicht wahrnimmt. Diesen Nachzuspüren, sie zu verstärken und weiterzuleiten, nach außen zu bringen, darin besteht der Kern meiner Arbeit.
2 Wenn es eine Sprache des Körpers gibt, besteht sie dann aus festgelegten Zeichen und Bewegungsformeln? Und: Liegt nicht gerade darin eine Gefahr, mit dem Körper etwas vorzutäuschen?
Im Gegensatz zur Bewegungsform Tanz, die ja häufig mit festgelegten „Vokabeln und Formen” arbeitet und darauf hinarbeitet, diese möglichst perfekt zu wiederholen, interessiere ich mich derzeit ausschließlich für den Ausdruck im Moment, also für die Improvisation. Die Kunst der Improvisation, wie ein präzises Werkzeug - dem Ausdruck zu geben was „Stímmt”. Die für mich relevante Frage ist: „Was bewegt mich ?”
Ich glaube nicht, daß man mit dem Körper etwas vortäuschen kann. Die perfekteste Darbietung wird einen „kalt lassen”, wenn Sie vom Interpreten nicht innerlich „gefühlt” wird - festgelegt oder nicht. Ich glaube, das fühlt man als Zuschauer instinktiv. Und das finde ich gerade so interessant an der Form Performance, das sie das nicht nur zulässt, sondern bewusst sucht.
Ich selbst lege Strukturen fest (den Raum, Licht, Sound, Zeit...) in denen ich dann frei improvisiere. Es stellte sich heraus, daß es so etwas wie Kraftbögen gibt, wenn ich improvisiere. Spannungsbögen von einer gewissen Dauer, die entstehen, wenn ich völlig frei und ohne äußere Einflüsse improvisiere. Ich beziehe diese Körperzeiten in meine Konzepte ein und strukturiere meine Arbeiten dann nach dieser meiner „inneren Zeit.”
3 Verbürgt die Suche nach einer Einheit von Körper und Ausdruck im Moment der größten Spannung - etwa beim Hängen im Raum - dieser Gefahr zu entgehen?
Nicht unbedingt, aber es gibt Situationen die das „Da-Sein” im Moment stark fordern.
Gerade das Hängen ist eine Situation, die extrem (auch körperlich) herausfordert und zwingt sich Ihr zu stellen.
Ich habe diese Situation ausgewählt, weil es mich interessiert hat, was passiert, wenn ich mich dem aussetzte, körperlich an einem Ort zu sein, der keine schnelle Flucht zulässt.
4 Unterscheidet die Unwiederholbarkeit der Performance sie von der Choreographie eines Bewegungsablaufes im Tanz?
Auf jeden Fall. In der Form Tanz wird der/die TänzerIn oft instrumentalisiert.
5 Welche Rolle übernimmt dabei die Künstlerin als Performerin: Die einer Übersetzerin der Energie in einen körperlichen Ausdruck oder eine Seismographin?
Ja, Seismographin ist ein guter Ausdruck für das was tatsächlich in meiner Körperarbeit passiert. Navigatorin ein weiterer. Ich gehe während der Performance an er Grenze zwischen diesen Polen hin und her - Rezeption und Weitergeben, Eingehen auf das Wahrgenommene.